Wir setzen Zeichen gegen Rassismus
Schalom kommt aus dem Hebräischen und heißt so viel wie Hallo, aber auch Frieden. Und eben mit diesem Wunsch nach Frieden begann und endete der Besuch des jüdischen Kantors Herrn Benjamin Chait vor Kurzem bei den Klassen 6.1 und 6.2.
Im Religions-/Ethik-Unterricht wurde zuvor mit den Klassen in der Einheit Weltreligionen intensiv über das Judentum gesprochen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass wir aufgrund des großen Schülerinteresses einen wirklichen Experten brauchten. Deshalb war die Schulgemeinschaft sehr dankbar darüber, dass sich Herr Chait nach einer kurzen E‑Mail direkt dazu bereit erklärte, die Klassen zu besuchen, um in einer Fragestunde alle Fragen zu beantworten.
Die Schüler freuten sich sehr über die Ankündigung des Besuchs und sammelten neugierig Informationen, aber vor allen Dingen Fragen, die sie dem Gast unbedingt stellen wollten. Mikael beispielsweise hatte einige interessante Fragen zum Thema Tora, Amin interessierte sich für die Klagemauer und Shams wollte ganz genau wissen, was es mit den Essensvorschriften im Judentum auf sich hat.
Als der Tag des Besuchs endlich gekommen war, waren die Kinder sehr aufgeregt und anfangs sogar ein wenig schüchtern. Doch Herr Chait stellte sich kurz vor und sagte dabei direkt: „Heute gibt es keine dummen Fragen. Ihr könnt mich wirklich alles fragen“. Und das taten die Schüler dann auch, denn sie merkten ganz schnell, dass der Experte sehr nett und locker war und jede ihrer Fragen ernst nahm und sich viel Mühe gab, auch sehr schwierige Themen für die Schüler genau zu erklären.
Besonders große Augen machten sie dann, als Herr Chait erklärte, dass eine Tora etwa 40.000 Euro koste und ein Toraschreiber ein ganzes Jahr brauche, um diese zu schreiben. Auch dass man gemäß den koscheren Essvorschriften Fleisch und Milch nicht zusammen essen dürfe, sorgte für große Augen. Über den wöchentlichen Ruhetag, den Sabbat, wurde ebenso lebhaft diskutiert.
Richtig ergreifend wurde es dann, als der Kantor über die Kopfbedeckung der Juden sprach, der sogenannten Kippa. Und auch wenn er keine Angst habe, sie in der Öffentlichkeit zu tragen, nehme er sie in Bussen, in der Stadt oder beim Einkaufen oft ab. Denn leider habe er schon oft erlebt, dass er dann von einigen Menschen schlecht behandelt würde. Das sorgte natürlich bei allen Schülern für Kopfschütteln.
Doch diese traurige Stimmung schaffte Herr Chait ganz schnell wieder zu vertreiben, als er aufzeigte, was alles Christen, Moslems und Juden gemeinsam haben. Shams zählte beispielsweise auf Arabisch bis fünf, danach machte Herr Chait das Gleiche auf Hebräisch. Verdutzt stellten die Schüler fest, dass dies sehr ähnlich klinge, wie auch andere Wörter aus beiden Sprachen.
Dominic und Mathis wollten genau erfahren, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Christentum es bei religiösen Festen gebe. Viel zu schnell gingen leider beide Fragestunden in den Klassen vorbei und gerne hätten die Schüler Herrn Chait noch stundenlang weiterbefragt. Doch irgendwann musste auch dieses schöne Erlebnis enden und dies mit der wohl schönsten und wichtigsten Hoffnung, die es überhaupt gibt, denn unser Gast sagte zum Schluss: “Das Wichtigste überhaupt ist, dass alle Menschen friedlich miteinander leben können. Frieden ist das Wichtigste!“. Diesen Worten konnten sich alle nur anschließen.
Aber ganz zu Ende war die Stunde damit doch noch nicht. Denn die Kinder hatten sich als besondere Überraschung für Herrn Chait überlegt, dass sie ihm arabische Köstlichkeiten mitbringen wollten. Und so überreichten sie ihm Kekse, Baklava und türkisches Helva, welches Berks Mutter extra für diesen Anlass für die ganze Klasse gebacken hatte. Dankbar und freudig nahm Herr Chait diese Köstlichkeiten an.
Nach der Stunde meinte Berk strahlend: „Die Stunde war interessant und echt toll. Und Herr Chait ist wirklich super cool!“. Auch die Ethik-Lehrerin Frau Ziegler war sehr begeistert: „Wirklich eine tolle Stunde, ich hatte zeitweise Gänsehaut, weil es so mitreißend und ergreifend war. Herr Chait hat das geschafft, was mit Büchern und Unterricht alleine niemals zu erreichen gewesen wäre.“
Auch Kantor Chait war von der Kettelerschule sehr angetan: “Die Schüler waren sehr höflich, lieb und interessiert! Es hat mir großen Spaß gemacht. Die Lehrer und die Schulleitung machen eine tolle Arbeit. Hoffentlich werden noch mehr Schulen dazukommen, die ich besuchen kann. Normalerweise laden wir immer gerne Klassen nach Saarbrücken in die Synagoge ein, aber leider ist dies mit Corona nicht möglich. Doch jetzt freue ich mich erstmal auf weitere Projekte an der Kettelerschule in Schmelz“.
Und auch die Schulgemeinschaft freut sich sehr darauf. Das nächste Projekt mit den Ethik-Kursen der Klasse 9 ist schon in Planung. Die Kettelerschule Schmelz und Herr Chait werden ganz bestimmt in Zukunft öfter zusammenarbeiten und sich gemeinsam um eine friedlichere Welt bemühen. Schalom für alle.