„Im wirklichen Leben würden Sie Ihre Kinder schützen.“ Dieser Satz wurde vor einigen Jahren in einem Klicksafe-Videoclip für bewussten Umgang mit dem Internet geäußert. Zu sehen war ein eindeutig pädophiler Mann, der ein kleines Mädchen an der Hand mit sich nahm, um ihm einen „echten Hasen“ zu zeigen. Damit ist relativ knapp umschrieben, was unter Cyber-Grooming zu verstehen ist: Das Heranmachen an Minderjährige mit dem Ziel des sexuellen Missbrauchs oder der sexuellen Gewalt. An der Gemeinschaftsschule Schmelz weckt derzeit ein Referent der Beratungsstelle PHOENIX bei Kindern der Klassenstufen fünf bis sieben die Achtsamkeit im Umgang mit den sozialen Netzwerken.
Ein Leben ohne Internet ist möglich — aber sinnlos. Wenn es doch nur das wäre. Heutzutage ist ein Leben ohne Internet nicht mehr möglich, und schon gar nicht für die Heranwachsenden, die es im zukünftigen Berufs- und Alltagsleben immer wieder brauchen werden. Kein Problem, schließlich sind die meisten Minderjährigen „Digital Natives“, sie wachsen damit auf und wissen oft besser als ihre Eltern, wie man die modernen Medien nutzt. Als „Medienschule“ hat sich die Kettelerschule Schmelz zum Ziel gesetzt, nicht nur die sinnvolle Nutzung des Internets zu unterrichten, sondern auch das Verantwortungsbewusstsein im Umgang damit zu schulen. Apps herunterladen und anwenden ist leicht, und in sozialen Medien mit Freunden und Freundinnen in Kontakt zu bleiben, ist für unsere Kinder völlig normal. WhatsApp, Snapchat, Instagram und andere digitale Kommunikationskanäle sind für sie das, was früher Schulhof und Telefon waren. Nicht zu vergessen die Online-Spiele, bei denen sie sich im Chat gleichzeitig mit anderen Spielenden austauschen können.
Genau da lauern die Gefahren, und eine der wichtigsten Quellen ist den Eltern oftmals nicht bekannt: Bei Online-Games spielen unsere Kinder mit oder gegen User, von denen geschätzt die Hälfte über 30 Jahre alt sind. Im realen Leben würden sie sich wohl kaum mit Erwachsenen zum Spiel verabreden. Doch diese User schaffen sich eine gefälschte virtuelle Identität, geben sich als Mädchen oder Jungen im Alter ihrer Zielopfer aus, laden ein passendes Profilbild hoch und gewinnen auf diesem Weg das Vertrauen der Kinder. Ebenso lassen sie sich zu Netzwerken oder Apps, die von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, einladen – manchmal gegen eine Art Eintrittsgeld – und schleichen sich so unerkannt in die „Peer Groups“ der Kinder und Jugendlichen ein.
„Unsere Kinder sollen beides erlernen – das Handhaben der Medien und die richtige Nutzung des Internets, aber vor allem auch den problembewussten Umgang damit“, so Schulleiterin Isabella Katzorke. Aus diesem Grund besuchte Marco Flatau, Referent der Beratungsstelle PHOENIX, die Schüler/-innen der Kettelerschule in jeweils zwei Stunden pro Klasse, informierte und klärte auf. „In jeder Klasse gibt es Kinder, die bereits Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen gemacht haben“, sagte Flatau. Das Cyber-Grooming-Projekt bietet den Schülerinnen und Schülern die Chance, darüber im Einzelgespräch zu berichten und sich auch Hilfe zu holen. Oftmals sind es auch ältere Jugendliche, die jüngere zu sexuell motivierten Verhaltensweisen anstiften wollen.
An einem Elternabend hatten die Eltern der Kinder die Möglichkeit, sich über diese Gefahren des Internets zu informieren. Täterstrategien erkennen, darüber reden, gegebenenfalls Hilfe holen. Das lernen die Kinder, das müssen auch die Eltern lernen.